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Wirkstoff Semaglutid im Fokus

Geschrieben von Profil | 14.03.2019 13:18:00

Auswirkungen von Semaglutid auf die Betazellfunktion1 der Bauchspeicheldrüse bei Typ 2 Diabetes

Semaglutid ist ein seit Februar 2018 in der EU zugelassenes sog. GLP-1-Analog2 für eine einmal wöchentliche subkutane (unter die Haut) Injektionsbehandlung des Typ 2 Diabetes. Zum Zeitpunkt der Studie befand sich die Substanz noch in der klinischen Entwicklung.    

Semaglutid senkt glukose- (zucker-)abhängig den Blutzucker (BZ), indem es bei zu hohen BZ-Werten die Insulinfreisetzung (-sekretion) aus den Betazellen der Bauchspeicheldrüse stimuliert und die Ausschüttung des Gegenhormons Glukagon hemmt. Außerdem verzögert es die Magenentleerung und reduziert aufgrund einer Appetitverringerung das Körpergewicht.

Warum wurde diese Studie durchgeführt?

Diese Studie beschäftigte sich mit der Frage, ob Semaglutid einen günstigen Effekt auf die Betazellfunktion der Bauchspeicheldrüse hat. Dies könnte sich positiv in Hinblick auf eine dauerhaft gute Stoffwechseleinstellung auswirken.

Das primäre Ziel der Studie war es, die Auswirkungen von Semaglutid auf die erste (schnelle)  und zweite (langsamere) Phase der Insulinsekretion zu untersuchen. Darüber hinaus wurden die Effekte auf den Nüchternzucker und die BZ-Werte nach dem Essen, auf die Insulinspiegel, die C-Peptid3- und Glukagon-Konzentration sowie auf die maximale Insulinsekretions-Kapazität der Betazellen geprüft. Zusätzlich wurden die Sicherheit und Verträglichkeit untersucht.

Was geschah während der Studie?  

Insgesamt erhielten 75 Erwachsene mit Typ 2 Diabetes (mittleres Alter 56,5 Jahre, mittlerer HbA1c 7,3 %, mittlere Diabetesdauer 8,5 Jahre) und 12 gesunde Teilnehmer ohne Diabetes (Kontrollgruppe; mittleres Alter 43 Jahre) 12 Wochen lang 1x wöchentlich subkutan entweder Semaglutid (im Studienverlauf zunächst 0,25 mg, dann 0,5 mg, schließlich 1,0 mg) oder die Injektion eines Scheinmedikaments (Placebo).  Zur Vermeidung einer etwaigen Beeinflussung wussten weder das unmittelbar an der Studie beteiligte Studienpersonal, noch die Studienteilnehmer, welcher der beiden Gruppen sie – nach dem Zufallsprinzip – zugeordnet waren.

Zur Prüfung der Funktion der Insulin-bildenden und -freisetzenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse wurden zu Beginn und am Ende der 12-wöchigen Behandlungsphase vier verschiedene Tests durchgeführt:

  • ein intravenöser Glukose-Toleranztest (IVGTT),
  • ein Arginin-Stimulationstest (AST),
  • ein Mahlzeitentest über 24 Stunden und
  • ein abgestufter Glukose-Infusionstest (GGIT)

Was waren dies für Tests und was wurde gemacht?

Der IVGTT untersuchte die Reaktion auf eine Injektion (über 2 min) von 25g Glukose in eine Vene der Studienteilnehmer. Im Zeitraum von 30 min vor der Injektion bis 2 Std. danach wurden häufige Blutproben entnommen - zur Bestimmung der Insulin- und C-Peptid- sowie der Zucker- und Glukagon-Spiegel.

In dem sich anschließenden AST wurde die maximale Kapazität der Betazellen für die Insulinsekretion gemessen. Hierzu wurden zwecks Erreichen einer Überzuckerung (Ziel-Blutzucker 288 mg/dl) 150 mg/kg Glukose in die Vene verabreicht; 2 Std. später erhielten die Teilnehmer in eine Vene (über 30 Sekunden) 5g Arginin (dieses stimuliert die Insulinsekretion), und es erfolgten Blutabnahmen zur Bestimmung von Insulinspiegeln,
C-Peptid, Glukose und Glukagon - bis 35 min nach der Arginin-Gabe.

Der Zuckerstoffwechsel (nüchtern und nach dem Essen) wurde über 24 Std. während dreier Standardmahlzeiten untersucht. Auch hier wurden wieder Blutproben – über 24 Std. – entnommen.   

Der GGIT bestimmte das Ansprechen der Betazellen der Bauchspeicheldrüse bei unterschiedlich hohen Blutzuckerwerten. Während des 3-stündigen Tests wurden mittels  
einer Glukose-Infusion in eine Vene verschiedene Blutzuckerhöhen jeweils für 25 min gehalten und untersucht (erneute Blutproben).

Unerwünschte Ereignisse (jedes medizinische Problem während der Studie, unabhängig davon, ob es in Zusammenhang mit der Studienmedikation stand oder nicht) wurden während der gesamten Studie dokumentiert.

Was waren die Ergebnisse der Studie für die Teilnehmer mit Typ 2 Diabetes?

Es konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass bei den 37 Teilnehmern mit Typ 2 Diabetes, die Semaglutid erhielten, nach dem IVGTT die erste (schnelle) und zweite (langsamere)  Phase der Insulinsekretion bedeutsam anstieg. Der 24-Std. Mahlzeitentest zeigte verminderte Zucker- und Glukagon-Antworten. Der AST ergab eine gesteigerte maximale Kapazität der Insulinsekretion der Betazellen nach Semaglutid-Behandlung. Während des GGIT erhöhte Semaglutid bedeutsam die Insulinsekretion auf Werte vergleichbar denen bei den gesunden Teilnehmern. Darüber hinaus war Semaglutid gut verträglich – es gab keine schwerwiegenden mit der Therapie in Zusammenhang stehende unerwünschte Ereignisse.

Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse?

Eine 12-wöchige Behandlung mit einmal wöchentlichem subkutanem Semaglutid verbessert bedeutsam sämtliche Aspekte der Funktion der Betazellen der Bauchspeicheldrüse sowie die Stoffwechseleinstellung bei erwachsenen Teilnehmern mit Typ 2 Diabetes. Semaglutid war darüber hinaus gut verträglich.

 

* Diese Ergebnisse wurden bereits in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (Kapitza C u.a. Diabetologia 2017). Wenn Sie weitere Details der Studie interessieren, so können Sie sich gern an uns wenden.
1 Betazellfunktion: Maß für die Fähigkeit der Betazellen der Bauchspeicheldrüse zur Bildung und Freisetzung (Sekretion) von Insulin.
2 GLP-1-Analoga ahmen die Wirkung des Darmhormons GLP-1 nach. GLP-1 wird als Reaktion auf die Nahrungsaufnahme freigesetzt. Das Arzneimittel bewirkt eine Steigerung der Insulin- und Glukagon-Ausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse bei zu hohem Blutzuckerspiegel. Zusätzlich setzt das Sättigungsgefühl früher ein.
3 C-Peptid wird in der Bauchspeicheldrüse gleichzeitig mit Insulin gebildet und freigesetzt. Seine Bestimmung kann zum Beispiel dabei helfen, festzustellen, wie viel Insulin die Bauchspeicheldrüse noch produziert.