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Ultraschnelles Lispro bei Typ 1 Diabetes - Ergebnisse zweier Studien

Geschrieben von Profil | 23.11.2020 09:30:00

Ultraschnelles Lispro (URLi, LY900014; Eli Lilly and Company, Indianapolis, Indiana, USA) ist eine neuartige Insulin-lispro-Formulierung, entwickelt mit dem Ziel, die körpereigene Insulinausschüttung bestmöglich nachzuahmen und die Blutzuckerkontrolle nach dem Essen zu verbessern.

Warum wurden diese Studien durchgeführt?

Ultraschnelles Lispro hat im Gegensatz zu herkömmlichem Insulin lispro 2 weitere lokal wirkende Bestandteile – Treprostinil und Zitrat –, die die Aufnahme von Insulin lispro in den Körper über 2 unabhängige Wirkmechanismen beschleunigen. Eine Treprostinil-Minidosis in ultraschnellem Lispro bewirkt eine lokale Gefäßerweiterung, während Zitrat das Ausmaß der Durchlässigkeit der Blutgefäße erhöht.

In der ersten Studie* wurde ultraschnelles Lispro mit Insulin lispro sowie mit 2 weiteren schnell und ultraschnell wirkenden Insulinanaloga (Insulin aspart bzw. ultraschnelles Faster Insulin aspart, Novo Nordisk A/S, Bagsværd, Dänemark) verglichen. Alle 4 Insuline wurden insbesondere hinsichtlich ihrer Auswirkung auf den Blutzucker und ihrer Spiegel im Blut, ihrer Sicherheit und Verträglichkeit bei Teilnehmern mit Typ 1 Diabetes untersucht.

Die zweite Studie** beschäftigte sich mit den Effekten von ultraschnellem Lispro bei älteren bzw. jüngeren Teilnehmern mit Typ 1 Diabetes (65 Jahre und älter bzw. 18 bis 45 Jahre).

Was geschah während der Studien?

An der ersten Studie nahmen insgesamt 68 Patienten mit Typ 1 Diabetes (davon 25 % Frauen, mittleres Alter 46 Jahre, mittlere Diabetesdauer 21,5 Jahre, durchschnittlicher HbA1c 7,3 %) an 4 verschiedenen Dosierungstagen teil. Jedem Teilnehmer wurde eine individuelle Bolusdosis von jedem der 4 Insuline (ein Insulin pro Dosierungstag, gleiche Dosis an allen 4 Tagen) in das Unterhautfettgewebe der vorderen Bauchwand verabreicht. Dies geschah innerhalb einer Minute vor einer jeweils gleichen flüssigen Testmahlzeit. Zwischen den Dosierungen lag eine sogenannte Auswaschphase von mindestens 21 Stunden. Zum Vergleich erhielten auch 12 gesunde Männer die in der Studie verwendete flüssige Testmahlzeit. An jedem Dosierungstag erfolgten häufige Messungen der Blutzuckerspiegel und der jeweiligen Insulinwirkspiegel. Die Sicherheitserhebungen umfassten unerwünschte Ereignisse, therapiebedingte Nebenwirkungen, Laborwerte, Vitalzeichen (Blutdruck, Puls) sowie Unterzuckerungen.

In der zweiten Studie erhielten 41 jüngere und 38 ältere Teilnehmer mit Typ 1 Diabetes an 2 Dosierungstagen eine Einzeldosis von 15 Einheiten ultraschnellem Lispro bzw. Insulin lispro (ein Insulin pro Dosierungstag). An jedem Dosierungstag fand nach der Gabe eine jeweils 10-stündige Glukose-Clamp-Untersuchung statt, wozu die Studienteilnehmer an das Gerät ClampArt („künstliche Bauchspeicheldrüse“) angeschlossen wurden; dabei wird der Blutzucker konstant auf einer vorgegebenen Blutzuckerkonzentration (in diesem Fall 100 mg/dl) gehalten. Zur Bestimmung des Blutzuckers erfolgten häufige Blutabnahmen mit einem Laborkontrollgerät.

Was waren die Ergebnisse der Studien?

Im Vergleich zu ultraschnellem Faster Insulin aspart, Insulin lispro und Insulin aspart wurde ultraschnelles Lispro am schnellsten vom Körper aufgenommen. Die frühen halb maximalen Wirkspiegel waren mit ultraschnellem Lispro 13 Minuten nach Dosierung erreicht, was 6 Minuten schneller war als Faster Insulin aspart, 13 Minuten schneller als Insulin lispro und 14 Minuten rascher als Insulin aspart. Ultraschnelles Lispro erzielte die größte Blutzuckersenkung 2 Stunden nach der flüssigen Testmahlzeit und unter-schied sich bedeutsam von Insulin lispro und von Insulin aspart. Darüber hinaus war der Blutzuckerverlauf unter ultraschnellem Lispro in den ersten 3 Stunden nach der Testmahlzeit vergleichbar mit dem der gesunden Teilnehmer. Während der Studie traten keine schweren Unterzuckerungen auf. Unter ultraschnellem Lispro gab es die niedrigste Anzahl an Unterzuckerungen während der Testmahlzeit: 12 bei ultraschnellem Lispro gegenüber 19 bei Faster Insulin aspart, 14 bei Insulin lispro und 13 bei Insulin aspart. Die überwiegende Mehrzahl der Unterzuckerungen trat im Zeitraum von 2 bis 4 Stunden nach Trinken der Testmahlzeit auf. Alle 4 Insuline waren gut verträglich und die Teilnehmer berichteten über keine Reaktionen an den Injektionsstellen. Die Verträglichkeit von ultraschnellem Lispro war vergleichbar mit der der anderen 3 Insuline.

In der zweiten Studie traten im Vergleich zu Insulin lispro die Blutspiegel mit ultraschnellen Lispro sowohl bei den jüngeren als auch bei den älteren Teilnehmern etwa 5,5 Minuten früher auf (nach 1,3 Minuten gegenüber 6,8 Minuten bei Insulin lispro). Bei den jüngeren bzw. älteren Teilnehmern begann die Wirkung von ultraschnellem Lispro 11 bzw. 12 Minuten früher als bei Insulin lispro – und zwar trat die Wirkung bei ultraschnellem Lispro 20 bzw. 19 Minuten nach Dosierung ein und bei Insulin lispro erst nach 31 Minuten. Die Insulinwirkung in den ersten 30 Minuten nach Dosierung war unter ultraschnellem Lispro gegenüber Insulin lispro in beiden Altersgruppen 3x stärker. Jenseits von 4 Stunden nach Dosierung war die Insulinwirkung unter ultraschnellem Lispro verglichen mit Insulin lispro entsprechend um 44 bis 54 % geringer und die Wirkdauer war unter ultraschnellem Lispro im Vergleich zu Insulin lispro um 34 bis 44 Minuten kürzer. Sowohl ultraschnelles Lispro als auch Insulin lispro waren gut verträglich. Therapiebedingte Nebenwirkungen traten bei jüngeren Teilnehmern gleich oft auf.
Bei den älteren Teilnehmern traten bei der Behandlung mit ultraschnellem Lispro seltener Nebenwirkungen auf (18,9 % unter ultraschnellem Lispro und 31,6 % unter Insulin lispro).
Die häufigsten therapiebedingten Nebenwirkungen waren Erbrechen, Übelkeit und Kopfschmerzen, in der höheren Altersgruppe traten auch Infektionen der oberen Atemwege auf. Alle therapiebedingten Nebenwirkungen waren in beiden Altersgruppen leicht- bis mäßiggradig. Bei insgesamt 154 verabreichten Injektionen traten 2 lokale Reaktionen unter ultraschnellem Lispro und eine unter Insulin lispro auf. Es gab keine Auffälligkeiten im EKG, bei den Vitalzeichen oder den Laborwerten.

Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse?

In der ersten Studie zeigte ultraschnelles Lispro im Vergleich zu den 3 anderen getesteten Insulinen die schnellste Insulinaufnahme in den Körper und die stärkste Blutzuckersenkung nach einer Mahlzeit. Ultraschnelles Lispro kam dabei der bei den gesunden Teilnehmern beobachteten frühen körpereigenen Glukosekontrolle am nächsten.

Studie 2 bestätigte die ultraschnellen Eigenschaften von ultraschnellem Lispro gegenüber Insulin lispro und zeigte darüber hinaus, dass die Effekte bei jüngeren und älteren Teilnehmern mit Typ 1 Diabetes vergleichbar sind. In beiden Studien war ultraschnelles Lispro sicher und gut verträglich.

Ultraschnelles Lispro hat am 24.03.2020 von der EU-Kommission die Marktzulassung in der Europäischen Union erhalten.

 

Diese Ergebnisse wurden bereits in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (*Heise T u. a. Diabetes Obes Metab 2020, **Linnebjerg H u. a. Clin Pharmacokinet 2020). Wenn Sie weitere Details der Studie interessieren, so können Sie sich gern an uns wenden.