Unser Diabetes-Blog

Lokale Schmerzen durch Insulin-Hilfsstoffe?

Geschrieben von Profil | 05.01.2023 10:07:00

Lokale Schmerzen nach Infusion der in ultraschnellem Lispro enthaltenen lokal wirkenden Bestandteile (ohne Insulin)?

Untersuchung verschiedener Infusionsstellen und -tiefen  

Warum wurden diese Studien durchgeführt?

Ultraschnelles Lispro (URLi, Eli Lilly and Company, Indianapolis, Indiana, USA) ist eine seit März 2020 unter dem Namen Lyumjev in der Europäischen Union zugelassene Insulin-lispro-Formulierung. Es enthält die lokal wirkenden Bestandteile Treprostinil und Zitrat, die die Aufnahme von Insulin lispro in den Körper beschleunigen, sowie Magnesium zur Verbesserung der Insulinstabilität.

In dieser Studie* wurde untersucht, ob es zu lokalen Schmerzen an der Infusionsstelle führt, wenn ausschließlich die beiden genannten lokal wirkenden Bestandteile Treprostinil und Zitrat über eine Insulinpumpe mit Infusionsset verabreicht werden, und ob dies abhängig ist vom Ort der Infusion (Arm, Oberschenkel, Bauch, Gesäß) und/oder von der Tiefe der Infusion (6 bzw. 9 Millimeter lange Infusionsnadel).


Was geschah während der Studien?

Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip (ähnlich dem Werfen einer Münze) einer von insgesamt 5 Reihenfolgen der Infusionsstellen zugeteilt: Bauch, Arm, Oberschenkel sowie Gesäß mit 6 Millimeter Kanülentiefe und Bauch mit 6 und 9 Millimeter Kanülentiefe. 
Die Teilnehmer waren hinsichtlich der Tiefe der Infusion verblindet. Vor Einsetzen des ersten Infusionssets wurde die Dicke der Unterhautfettgewebsschicht (in Millimetern) an Bauch, Arm, Oberschenkel und Gesäß mittels Ultraschall gemessen. Dann wurden nacheinander 5 Medtronic-MiniMed-770-G-Insulinpumpen und -Infusionssets an den entsprechenden Infusionsstellen eingesetzt, über die die Dosierung der lokal wirkenden Substanzen ohne Insulin erfolgen sollte, darüber hinaus wurde über die eigene (sechste) Insulinpumpe die übliche Insulintherapie fortgeführt. Es wurde zunächst eine basale Infusion der lokal wirkenden Substanzen ohne Insulin mit einer Rate von 10 Mikrolitern pro Stunde gestartet, und zwar mit 30-minütigem Abstand zwischen jeder Infusionsstelle. Etwa 3, 6 und 9 Stunden nach Start der basalen Infusion wurde ein schneller Bolus von 150 Mikrolitern verabreicht, wieder nacheinander im Abstand von 30 Minuten zwischen den einzelnen Infusionsstellen. Für jeden verabreichten Bolus gaben die Teilnehmer eine Bewertung von 0 (überhaupt kein Schmerz) bis 100 Millimeter (stärkster vorstellbarer Schmerz) auf einer visuellen Analogskala (VAS) ab, und zwar 5 Minuten vor dem Bolus und 1 Minute nach sowie 15 Minuten nach dem Bolus. Nach Verabreichung des letzten Bolus wurden die 5 Insulinpumpen mit den Infusionssets wieder entfernt und die Infusionsstellen hinsichtlich lokaler Hautreaktionen untersucht. Hierzu erfolgte auch eine Aufnahme und digitale Dokumentation der Infusionsstellen (unmittelbar vor Anlage der Infusionssets und nach deren Entfernung).

Was waren die Ergebnisse der Studien für die Teilnehmer?

40 Studienteilnehmer (10 Frauen) mit einem mittleren Alter von 40,5 Jahren gaben insgesamt 1.730 Bewertungen auf der visuellen Analogskala ab. 

Die durchschnittlichen VAS-Bewertungen 5 Minuten vor dem Bolus betrugen 1,5 Millimeter (Skala 0–100 Millimeter), und zwar für alle Infusionsstellen und Boluszeiten.

1 Minute nach dem Bolus waren die VAS-Bewertungen bedeutsam höher, sie blieben aber unter 5 Millimetern. 15 Minuten nach dem Bolus waren die Vor-Bolus-Werte wieder erreicht.

Eine VAS-Bewertung von 0–10 Millimetern (kein Schmerz bzw. kein bis geringes Missempfinden) wurde für die meisten Infusionen (86,7 %; 500 von 570) angegeben.

Eine VAS-Bewertung von >45 Millimetern (klinisch bedeutsamer Schmerz) wurde für 1,2 % der Infusionen (7 von 577) angegeben. 

Es gab keine bedeutsamen Unterschiede bei den mittleren VAS-Bewertungen zwischen den Infusionsstellen zu den Zeiten 5 Minuten vor bzw. 15 Minuten nach dem Bolus (für alle Boluszeiten).

1 Minute nach dem Bolus waren die VAS-Bewertungen für den Arm verglichen mit Oberschenkel und Bauch bedeutsam höher.

Es gab relevant höhere VAS-Bewertungen für das Gesäß verglichen mit dem Bauch zu den Boluszeiten 6 und 9 Stunden.

Der Arm war die einzige Infusionsstelle mit VAS-Bewertungen >45 Millimeter.

Es gab keine Unterschiede hinsichtlich der 6 und 9 Millimeter Infusionstiefe und es gab auch keine Korrelation zwischen der Dicke des Unterhautfettgewebes und den VAS-Bewertungen.

Zur Sicherheit: Insgesamt traten 28 therapiebedingte Nebenwirkungen bei 18 (45 %) Teilnehmern auf, wovon 27 leichtgradig und eine mäßiggradig war.
25 (leichtgradige) Ereignisse waren Reaktionen an den Infusionsstellen. Es gab keine schwerwiegenden therapiebedingten Nebenwirkungen und keine Studienabbrüche. Das Auftreten von therapiebedingten Nebenwirkungen war ähnlich für alle Infusionsstellen, allerdings geringfügig höher für den Oberschenkel.

Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse?

Bei Teilnehmern mit Typ 1 Diabetes kam es bei einer kleinen Anzahl von Probanden nach Infusion der in ultraschnellem Lispro enthaltenen Hilfsstoffe Zitrat und Treprostinil zu lokalen Reaktionen an der Infusionsstelle. Diese waren vorübergehend, tolerabel und abhängig von der Infusionsstelle, jedoch nicht von der Infusionstiefe.

Im Vergleich zu vor dem Bolus waren die mittleren VAS-Bewertungen 1 Minute nach dem Bolus bedeutsam höher, wobei die meisten Bewertungen aber im Bereich von 0–10 Millimetern blieben. Nur 1,2 % der Bolusgaben wurden 1 Minute nach dem Bolus als schmerzhaft bewertet (VAS-Bewertung >45 Millimeter, überwiegend am Arm).

Pumpen-Patienten sollten bei Missempfinden oder Schmerz daher einen Wechsel der Infusionsstellen erwägen.

* Diese Ergebnisse wurden bereits in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (*Ignaut D u. a. J Diabetes Sci Technol 2022.) Wenn Sie weitere Details der Studie interessieren, so können Sie sich gern an uns wenden.