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Kontinuierliche Glukosemessung bei Schwangeren mit Typ 1 Diabetes

Geschrieben von Profil | 16.08.2018 11:19:19

Die CONCEPTT-Studie

Für schwangere Frauen mit Typ 1 Diabetes steigt das Risiko für Präeklampsie1, Polyhydramnie2 und einen Kaiserschnitt. Darüber hinaus gilt für ihre Säuglinge eine höhere Gefahr von angeborenen Anomalien, Frühgeburten, Makrosomie3, Totgeburt und NICU4-Aufnahmen. Es ist bekannt, dass diese Risiken mit höheren HbA1c-Werten vor oder während der Schwangerschaft zunehmen. Daher kann der Einsatz einer kontinuierlichen Messung bei solchen Patienten förderlich sein, um eine optimale Blutzuckereinstellung während der Schwangerschaft zu erreichen.

Studienaufbau

Diese offene multizentrische Studie untersuchte in zwei parallelen Studien den Effekt der CGM-Nutzung auf den primären Endpunkt (Unterschied in der Veränderung des HbA1c) bei Schwangeren oder Frauen, die schwanger werden wollten. Die beiden parallelen Studien wurden bei a) schwangeren Frauen (≤ 13 Wochen und 6 Schwangerschaftstagen bis zu 34 Schwangerschaftswochen) und b) bei Frauen, die eine Schwangerschaft planen, durchgeführt. In beiden Gruppen wurden die Frauen randomisiert (1:1): Entweder auf die Verwendung von CGM zusätzlich zu ihrer üblichen Therapie oder zu ihrer üblichen Therapie ohne CGM.

Die folgenden Ablaufdiagramme zeigen eine Übersicht über die Verteilung der Teilnehmer (A: Schwangere, B: Frauen, die eine Schwangerschaft planen):

Abbildung 1: Verteilung der Teilnehmer: Schwangere 

Abbildung 2: Verteilung der Teilnehmer: Frauen, die eine Schwangerschaft planen

Für die Studie wurden 386 Teilnehmerinnen zwischen dem 25. März 2013 und dem 22. März 2016 auf ihre Eignung geprüft. Insgesamt wurden 325 Teilnehmerinnen randomisiert. Davon waren 215 Frauen schwanger und 110 Frauen planten eine Schwangerschaft. Der Unterschied der HbA1c-Veränderung wurde bei den Schwangeren in der 34. Schwangerschaftswoche gemessen. In der anderen Gruppe von Frauen, die eine Schwangerschaft planten, wurden 24 Wochen betrachtet.  Als sekundäre Zielgrößen wurden die Zeit in, über oder unter dem empfohlenen Glukosekontrollzielbereich (63 mg / dl - 140 mg / dl), die Fläche unter der Kurve für den Glukosespiegel, Hypoglykämie-Vorfälle und Glukosevariabilitätsmessungen (abgeleitet aus den CGM-Messungen) definiert. Für die Säuglinge wurden die folgenden Parameter zur Auswertung vordefiniert:

  • Frühgeburt
  • Neugeborenen-Hypoglykämie, die iv Dextrose erfordert
  • Aufnahme in die Neugeborenen-Intensivstation
  • Nabelschnurgas-PH-Wert
  • Gesamtdauer des Krankenhausaufenthalts
  • Geburtsgewicht
  • Makrosomie

In dieser Darstellung werden nur die Ergebnisse für den Versuch mit den schwangeren Frauen berücksichtigt.

Analyse

In der Primäranalyse der Studie wurde ein kleiner, aber signifikanter Unterschied zwischen den beiden Gruppen (mit bzw. ohne Nutzung eines CGM-Gerätes) bezüglich der Änderung des HbA1c vom Ausgangswert bis zur 34. Schwangerschaftswoche gefunden.  Bessere Werte wies die Gruppe unter der Verwendung des CGM (mittlere Differenz -0,19%, 95% CI -0,34 bis -0,03; p 0 0,0207) auf (Abbildung 3). Die Überprüfung weiterer Einflussgrößen (z. B. mütterliche Bildung, Rauchen, BMI, Dauer des Diabetes und Episoden schwerer Hypoglykämie) änderte den Effekt nicht.

Abbildung 3: Primäres Ergebnis der Blutzuckereinstellung, beurteilt mit Hilfe des HbA1c

Zudem befand sich die Gruppe der Schwangeren, die CGM verwendete, längere Zeit im empfohlenen Glukosekontrollbereich von 63-140 mg/dl und im Vergleich zur Kontrollgruppe kürzere Zeit oberhalb des Ziels. Die durchschnittlichen Amplituden der Glukose-Abweichungen wurden ebenfalls reduziert.

Es konnte kein Unterschied zwischen den Gruppen in Bezug auf die subjektive Einschätzung festgestellt werden. Diese wurde mit Hilfe des Blutzuckermesssystem-Rankingfragebogens (BGMSSRQ), Problembereichen bei Diabetes (PAID), Kurzform-12 (Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustands des Probanden) und der Hypoglykämie-Angst-Umfrage gemessen (HFS II).

Interessanter waren die Ergebnisse bei den Neugeborenen. Die bedeutensten Befunde bei den Kindern schwangerer Frauen in der CGM-Gruppe waren eine verringerte Gesamtdauer des Krankenhausaufenthalts (p = 0,0091), Abbildung 4.

 

Abbildung 4: Das Kaplan-Meier-Diagramm zeigt die Länge des Krankenhausaufenthalts von Neugeborenen.

Ein ähnlicher Unterschied (p = 0,0250) wurde für die Unterzuckerung bei Neugeborenen gefunden, die die Gabe von Traubenzucker (Dextrose) über die Vene (i.v.) erfordert; in der CGM-Gruppe benötigten 15 Säuglinge i.v. Dextrose, während in der Kontrollgruppe 28 auf diese Weise behandelt werden mussten.

Die häufigsten unerwünschten Ereignisse waren in beiden Gruppen Hautreaktionen. In der CGM-Gruppe waren 48 % betroffen, während in der Kontrollgruppe nur 8 % betroffen waren.

Fazit

Zusammenfassend zeigt die Studie, dass der Einsatz von CGM während der Schwangerschaft bei Patientinnen mit Typ 1 Diabetes die Verfassung des Neugeborenen verbessern kann. Es konnte gezeigt werden, dass die direkten täglichen CGM-Messungen in Bezug auf die mütterliche Hyperglykämie relevanter für den Zustand der Neugeborenen ist als der Surrogatmarker HbA1c.

 

Anmerkungen

1 Eine Bluthochdruckerkrankung , die in der Schwangerschaft auftreten kann und diese sowie  das   Wochenbett komplizieren kann, Häufigkeit ca. 5-7% aller Schwangerschaften in Westeuropa; einer der Risikofaktoren ist Diabetes mellitus

2 überdurchschnittlich große Menge Fruchtwasser; Häufigkeit ca. 1% aller Schwangerschaften,    häufiger beim Vorliegen eines Diabetes mellitus der Schwangeren

3 Geburtsgewicht liegt über 4350g

4 Neonatale Intensivstation (neonatal intensive care unit)