Unser Diabetes-Blog

Die bemerkenswerte Geschichte der Entdeckung des Insulins

Geschrieben von Profil | 30.03.2022 12:13:00

Im Jahr 2021 feierten wir den 100. Jahrestag der Entdeckung des Insulins. Dies war ein echter Durchbruch in der Behandlung von Diabetes, der vielen Patienten das Leben rettete. Wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Entdeckung?


Obwohl Diabetes schon seit Jahrhunderten bekannt ist, kann man sich kaum vorstellen, wie das Leben von Patienten mit dieser Krankheit vor über hundert Jahren aussah. Die Patienten verloren rasch an Gewicht, wurden schnell müde und litten an unstillbarem Durst und Harninkontinenz. Schließlich fielen sie ins Koma und verstarben. Die einzige wirksame Behandlung war eine strenge Diät mit geringer Kohlenhydratzufuhr, die das Leben der Patienten höchstens um ein oder zwei Jahre verlängern konnte. Wissenschaftler suchten nach den Ursachen von Diabetes und nach der besten Behandlung.

Die Isolation von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse

Im Herbst 1920 beschloss Frederick Banting, ein junger Chirurg aus Kanada, die Bauchspeicheldrüse zu erforschen, indem er einen Extrakt aus diesem Organ gewann und ihn Hunden verabreichte, denen die Bauchspeicheldrüse operativ entfernt worden war. Der Wissenschaftler stellte sein Forschungskonzept Professor Macleod vor, der ihm Zugang zu seinen Laboratorien gewährte und Hunde für die Forschung zur Verfügung stellte. Sein Assistent, der damals 22-jährige Student Charles Best, schloss sich dem Forscherteam an und so machten sie sich gemeinsam an die Arbeit. Im Mai 1921 begann eine Reihe von Experimenten, die zu einem der bahnbrechendsten Momente der Medizingeschichte führten: Es gelang ihnen Insulin aus der Bauchspeicheldrüse von Hunden mit abgeschnürten Bauchspeicheldrüsengängen zu isolieren. Daraufhin spritzten sie es einem zuckerkranken Hund und sein Blutzuckerspiegel sank schrittweise um bis zu 40%. Die Isolation von Insulin war gelungen und zeigte Wirkung!

Der erste Patient

Kurz darauf schloss sich der Biochemiker James Collip der Forschungsgruppe an und es gelang ihm, das Pankreasextrakt soweit zu reinigen, dass klinische Versuche am Menschen durchgeführt werden konnten. Ein halbes Jahr später, im Januar 1922, rettete das Wunderhormon dem 13-jährigen Leonard Thompson das Leben. Bei der Einlieferung ins Krankenhaus wog er weniger als 30 kg und befand sich in einem dramatischen Zustand. Es schien, als sei sein Schicksal besiegelt. Doch schon einen Monat nach der Insulinbehandlung verschwanden zentrale Symptome des Diabetes. Es konnte keine Glukosurie, also die vermehrte Ausscheidung von Glukose im Urin, mehr nachgewiesen werden und auch die Ketonurie, sprich ein Überschuss von Ketonkörpern im Urin, was unbehandelt zum diabetischen Koma führen kann, verschwand. Und Schließlich: Der Blutzuckerspiegel sank auf einen nahezu normalen Wert! Der Junge sah gesünder aus, zeigte mehr Aktivität und fühlte sich stärker. Sein Leben wurde auf wundersame Weise gerettet. Leonard Thompson nahm regelmäßig Insulin und lebte weitere 13 Jahre bis er an einer Lungenentzündung, die nicht in Zusammenhang mit seinem Diabetes stand, verstarb. Banting und Best, damals 29 und 22 Jahre alt, hatten Medizingeschichte geschrieben.

1923 erhielten Sir Frederick Banting und Professor John Macleod den Nobelpreis für Medizin, den sie freiwillig mit Charles Best und James Collip teilten.

Die Insulinproduktion wird zur Massenproduktion

Ende 1923 begann die Firma Lilly als erstes Unternehmen der Welt mit der Massenproduktion von Insulin. Seitdem produzierten auch andere Länder das neue Medikament, in Deutschland waren es zunächst federführend die Firmen Bayer und Sanofi.
Zunächst gab es ausschließlich schnell wirksames Insulin. Über die Jahre forschte man an unterschiedlichen Zusätzen, die dann auch langwirksame Insuline ermöglichten. Das erste Humaninsulin, sprich ein mithilfe von gentechnisch veränderten Bakterien hergestelltes Insulin, wurde erstmals 1982 eingeführt. Ab den 1990er Jahren kamen kurzwirksame Analoginsuline, ab 2000 auch langwirksame Analoginsuline hinzu.

Auch die Forschung an Hilfsmitteln nahm weiter zu. Von der ersten Spritze, die speziell für Insulininjektionen entwickelt wurde, über „Autoinjektoren“ bis hin zu Pens und Insulinpumpen soll das Leben von Menschen mit Diabetes immerfort verbessert werden. In den 80-er Jahren wurde dann mithilfe von Blutzucker- und Urinmessstreifen erstmals die regelmäßige Selbstmessung des Blutzuckers zu Hause Usus, war sie doch vorher nur Ärzten in den Praxen vorbehalten.

Noch nicht am Ziel

In über 100 Jahren Insulinforschung ist viel passiert. Das alltägliche Leben von Menschen mit Diabetes wird stetig verbessert. Doch am Ziel sind wir noch nicht. Es gibt noch Schwachstellen wie häufige Unterzuckerungen oder Gewichtszunahme. Auch wird die Verabreichung des Hormons - das Spritzen ins Unterhautfettgewebe - als unangenehm empfunden. Daher ist weitere Forschung notwendig.

Lesen Sie in unserem Blogpost „100 Jahre Insulintherapie – was hat sich bis heute getan?“ mehr über die vielfältigen Verbesserungen der Insulinformulierungen seit der Erstanwendung. Dort erfahren Sie, welche Fortschritte es in den Bereichen der Insuline zur einmal wöchentlichen Injektion, leberspezifischen Insuline, Insuline in Tabletten- oder Kapselform zum Schlucken und den sogenannten „smart Insulinen“ gibt.

 

Quellen:
- https://www.diabetesde.org/100-jahre-insulin-geschichte-lebenswichtigen-hormons
-
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/krankheiten/diabetes/pwiedieentdeckerdesinsulinsbantingundbest100.html