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Begünstigt eine COVID-19 Infektion die Entstehung von Diabetes?

Geschrieben von Profil | 28.09.2022 09:23:00

Bis August 2022 wurden der WHO weltweit mehr als 587 Millionen Fälle und über 6,4 Millionen bestätigte Todesfälle aufgrund des Coronavirus gemeldet [1]. Patienten, die an Typ 1 oder Typ 2 Diabetes leiden, haben generell ein höheres Risiko sich mit COVID-19 zu infizieren [2]. Zudem haben Patienten mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für ein schnelles Fortschreiten der Erkrankung und eine schlechtere Prognose [3]. Es ist daher wenig überraschend, dass Patienten mit Diabetes durch die Corona-Pandemie vor noch nie dagewesenen Herausforderungen stehen.

In einer kürzlich in England durchgeführten Studie fanden Forscher heraus, dass Patienten mit Typ 2 Diabetes, bei denen COVID-19 diagnostiziert wurde, ein um 23% erhöhtes Risiko hatten zu sterben, unabhängig von Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Fettleibigkeit und anderen Erkrankungen [4]. Eine britische Analyse nationaler Daten konnte zudem zeigen, dass je höher der HbA1c-Wert zu Beginn der Infektion war, desto höher war das Sterblichkeitsrisiko [5]. Ein schlecht eingestellter Diabetes vor einer COVID-19-Infektion kann daher die Prognose erheblich verschlechtern.

Das Diabetesrisiko steigt nach COVID-19

Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass auch Patienten, bei denen zuvor kein Diabetes diagnostiziert wurde, nach einer COVID-19-Infektion einen hohen Blutzucker aufweisen und in der Folge an Diabetes erkranken können [6]. Tatsächlich zeigte eine kürzlich durchgeführte Studie ein um 40% erhöhtes Risiko im ersten Jahr nach der COVID-19-Infektion an Diabetes – fast ausschließlich Typ 2 – zu erkranken [7]. Sogar bei Patienten, die nur einen milden Verlauf der Erkrankungen hatten, kam es innerhalb eines Jahres zu ca. 8 zusätzlichen Diagnosen eines Diabetes pro 1000 Personen. Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden mussten, wurden in ca. 60 pro 1000 Fällen mit Diabetes diagnostiziert. Eine andere Analyse von mehr als 2 Millionen Kindern in den USA zeigte eine bis zu 2,5-mal höhere Auftretenshäufigkeit von Typ 1 und Typ 2 Diabetes bei Kindern und Jugendlichen, die an COVID-19 erkrankt waren, im Vergleich zu einer Kohorte, die nicht an COVID-19 erkrankt war [8].


Da COVID-19 eine intensive Entzündungsreaktion auslösen kann, ist es möglich, dass eine Überzuckerung nach einer Infektion eine Folge der schweren Erkrankung ist [9]. Ungeachtet dessen wurde die Rolle viraler Infektionen bei der Entstehung von Typ 1 Diabetes seit langem in Tiermodellen gezeigt. Außerdem wurden einige ungewöhnliche Formen von Diabetes bereits mit dem Vorhandensein bestimmter Viren in den β-Zellen der Bauchspeicheldrüse, also der Ort, an dem das Insulin produziert wird, in Verbindung gebracht [10, 11, 12]. Studien zeigen nun eine Zunahme von neu aufgetretenem Typ 1 und Typ 2 Diabetes nach einer COVID-19-Infektion [13, 14]. Dies könnte auf eine Schädigung der β-Zellen zurückgeführt werden, da das Coronavirus diese Zellen infiziert und sich dort vermehrt. Weitere mögliche Ursachen sind eine stark ausgeprägte Entzündungsreaktion, Reaktionen, die eine diabetische Stoffwechsellage begünstigen und Veränderungen des Gesundheitsverhaltens während der Pandemie [15, 16, 17].

Verbesserung der Patientenversorgung

Sollte sich COVID-19 als Risikofaktor für Diabetes bewahrheiten, sind die Auswirkungen tiefgreifend. In den USA ist Diabetes bereits die siebthäufigste Todesursache, an der im Jahr 2019 rund 37 Millionen Amerikaner litten, etwa 11% der dortigen Bevölkerung [18]. Die Zahl der Menschen, bei denen in den USA Diabetes diagnostiziert wird, wird voraussichtlich bis 2050 auf etwa 48 Millionen steigen, vorausgesetzt, dass die gegenwärtige Entwicklung stabil bleibt [19]. Sollte COVID-19 die Auftretenshäufigkeit von Diabetes erhöhen, könnten sich diese Zahlen vervielfachen.

Zukünftige Studien werden hoffentlich dazu beitragen, die Auswirkungen zu verstehen, die COVID-19 auf die Entwicklung von Diabetes hat. Das Erkennen von Risikofaktoren, die Untersuchung von Patienten mit COVID-19 auf Anzeichen einer Überzuckerung und die Verbesserung der verfügbaren Behandlung zur Bekämpfung dieser beiden Pandemien – Diabetes und COVID-19 – sind entscheidend, um Patienten zu helfen, ein besseres, gesünderes und längeres Leben zu führen.