Unser Diabetes-Blog

Cotadutide – ein dualer GLP-1- und Glucagonrezeptoragonist

Geschrieben von Profil | 01.06.2020 09:16:00

Studiendaten bei Typ 2 Diabetes

Cotadutide ist ein dualer GLP-1- und Glucagonrezeptoragonist in der klinischen Entwicklung für Typ 2 Diabetes, Übergewicht und eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung. Studien bei übergewichtigen Patienten mit Typ 2 Diabetes zeigten eine verbesserte Blutzuckereinstellung – besonders bemerkenswert sind niedrigere Blutzuckerwerte nach dem Essen und Nüchtern-Blutzuckerwerte sowie ein bedeutsam geringeres Körpergewicht gegenüber einem Scheinmedikament. Cotadutide wird einmal täglich unter die Haut injiziert.

Warum wurde diese Studie durchgeführt?

Diese Studie untersuchte in 2 Gruppen übergewichtiger Teilnehmer mit Typ 2 Diabetes die Wirksamkeit, insbesondere die Blutzuckerkontrolle, sowie die Sicherheit unterschiedlicher Dosierungen und Dosierungssteigerungen von Cotadutide verglichen mit dem Scheinmedikament. Des Weiteren wurden Mechanismen analysiert, die der blutzuckersenkenden Aktivität von Cotadutide zugrunde liegen.

Was geschah während der Studie?

In 5 deutschen Studienzentren – darunter Profil Neuss und Profil Mainz – erhielten insgesamt 65 übergewichtige Erwachsene mit Typ 2 Diabetes für 49 Tage entweder einmal täglich eine Injektion mit Cotadutide oder mit einem Scheinmedikament. Bei einigen Probanden wurde während der gesamten Studie ein kontinuierliches Glukosemonitoring (CGM) System angewendet und es wurde mehrmals ein ambulantes Blutdruckmonitoring vorgenommen. Bei anderen Probanden wiederum gab es wiederholte Messungen der Magenentleerungszeit. In beiden Gruppen wurden für eine Untersuchung der Blutzucker- und Insulinverläufe Mahlzeitentests durchgeführt. Konkrete Anweisungen für die Ernährung während der Studie gab es nicht.

Das mittlere Alter der Studienteilnehmer lag zwischen 59 und 62 Jahre, die mittlere Diabetesdauer betrug zwischen 8 und 12 Jahre, der durchschnittliche HbA1c (Langzeitwert) lag zu Studienbeginn zwischen 7,2 und 7,5 %. Zur Vermeidung einer etwaigen Beeinflussung wussten weder das unmittelbar an der Studie beteiligte Studienpersonal noch die Studienteilnehmer, wer welcher der beiden Behandlungen nach dem Zufallsprinzip zugeordnet war (sogenannte doppelte Verblindung). Auch die CGM-Werte waren während der gesamten Studie für Studienpersonal und Teilnehmer unbekannt. Eine vorbestehende Metformin-Behandlung wurde beibehalten, andere orale Antidiabetika wurden in einer 4-wöchigen Auswaschphase vor Behandlungsbeginn abgesetzt.
Von besonderem Interesse waren die prozentualen Veränderungen (Ausgangswerte bis Behandlungsende) der Blutzuckerverläufe 0 bis 4 Stunden nach dem Mahlzeitentest sowie des Gewichts. Es wurde auch analysiert, wie sich der Insulinspiegel nach dem Mahlzeitentest veränderte, und in einer speziellen Untersuchung wurde die Magenentleerungszeit unter Cotadutide verglichen mit einem Scheinmedikament gemessen.

Des Weiteren interessierten die Veränderungen der Nüchtern-Plasmaglukose und des HbA1c sowie die Ergebnisse hinsichtlich eines Gewichtsverlusts von 5 % und mehr während der Studie. Ebenso wurden die Cotadutide-Spiegel im Blut gemessen.
Die Sicherheits-Endpunkte umfassten therapiebedingte Nebenwirkungen (sogenannte „Treatment-Emergent Adverse Events“), Unterzuckerungen, das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen und die Ergebnisse der ambulanten Blutdruckkontroll-Messungen
.


Was waren die Ergebnisse der Studie?

In dieser Studie zeigte sich unter Cotadutide im Vergleich zum Scheinmedikament eine bedeutsame Senkung der Blutzuckerwerte von –21,5 % 0 bis 4 Stunden nach Mahlzeitentest gegenüber einem Anstieg von +6,3 % bei den Probanden, die eine Scheinmedikation erhielten. Es gab darüber hinaus unter Cotadutide gegenüber dem Scheinmedikament eine relevante prozentuale Senkung des Körpergewichts von –3,4 % (–0,08 % mit Scheinmedikament). Die Magenentleerungszeit war unter Cotadutide gegenüber Placebo relevant verlängert. In beiden Gruppen kam es gegenüber den Ausgangswerten unter Cotadutide zu einem relevanten Abfall der Nüchtern-Plasmaglukose und der HbA1c-Werte. Außerdem kam es darüber hinaus zu einem progressiven und dosisabhängigen Gewichtsverlust über die Zeit – am stärksten war dieser bei der höchsten Cotadutide-Dosis über 28 Tage. Es erreichten mehr Teilnehmer unter Cotadutide als unter dem Scheinmedikament einen Gewichtsverlust von 5 % oder mehr. Über die 52 Tage der CGM-Anwendung zeigte sich eine stabile Absenkung der mittleren täglichen Glukosewerte. Die im Glukosezielbereich verbrachte prozentuale Zeit war unter Cotadutide gegenüber dem Placebo deutlich höher. Darüber hinaus zeigte sich unter allen getesteten Cotadutide-Dosierungen eine Verbesserung von Glukoseschwankungen gegenüber dem Placebo.
Cotadutide war in allen Dosisstufen gut verträglich. In der Cotadutide-Behandlungsgruppe wurden therapiebedingte Nebenwirkungen von 85 % bzw. 75 % der Patienten in den beiden Gruppen berichtet. Es gab keine schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse. Das häufigste unerwünschte Ereignis war verminderter Appetit unter Cotadutide. Das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen unter Cotadutide betrug 19 % bzw. 35 % und 12 % bzw. 20 % in den beiden Gruppen. Es traten keine klinisch bedeutsamen Unterzuckerungen unter Cotadutide auf. Das ambulante Blutdruckmonitoring zeigte einen bedeutsamen Anstieg der Herzfrequenz, jedoch keine relevanten Unterschiede im Blutdruck zwischen den Behandlungsgruppen. Die wiederholte tägliche Gabe von Cotadutide in einem Dosisbereich von 50 bis 300 µg weist auf einen linearen Verlauf der Wirkspiegel für die maximale Konzentration hin. Die maximalen Cotadutide-Wirkspiegel waren nach 4–6 Stunden erreicht, die Halbwertzeit betrug ca. 8–9 Stunden.

Welche Bedeutung haben die Studienergebnisse?

Diese Studie zeigt, dass es unter einer Cotadutide-Behandlung mit einer Dosierung bis zu 300 µg für 49 Tage bei übergewichtigen Erwachsenen mit Typ 2 Diabetes zu bedeutsamen Absenkungen der Glukosespiegel – nüchtern und nach Mahlzeiten – sowie des Körpergewichts kommt. Verglichen mit den Ergebnissen einer früheren Studie hat eine Cotadutide-Startdosis von 50 µg weniger Magen-Darm-Nebenwirkungen zur Folge. Die Studienergebnisse zeigen ferner, dass die Glukosesenkung unter Cotadutide aus einer Kombination von verzögerter Magenentleerungszeit und einer erhöhten Insulinausschüttung resultiert.
Größere und längere Studien zur Klärung noch offener Aspekte sowie zur weiteren klinischen Anwendung und Testung der Verträglichkeit verschiedener Behandlungsvarianten bei übergewichtigen Patienten mit Typ 2 Diabetes sind erforderlich.

 

*Diese Ergebnisse wurden bereits in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (Parker VER u. a. J Clin Endocrinol Metab 2020). Wenn Sie weitere Details der Studie interessieren, so können Sie sich gern an uns wenden.