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ADO09: Pramlintide + Insulin zusammen in einer Spritze?

Geschrieben von Profil | 14.06.2021 14:00:00

Warum wurde diese Untersuchung durchgeführt?

Amylin ist ein kleines Peptidhormon (ein körpereigener Botenstoff), das von den Betazellen der Bauchspeicheldrüse gleichzeitig mit Insulin ausgeschüttet wird. Amylin hilft dabei, den Blutzuckerspiegel nach dem Essen zu regulieren, indem es die Magenentleerung verzögert und das Sättigungsgefühl erhöht sowie die Ausschüttung von Glucagon (Gegenspieler von Insulin) hemmt. Seit 2005 ist das rasch wirksame Amylinanalog Pramlintide (eine die Wirkung von Amylin nachahmende Substanz) in den USA zur Behandlung eines Typ 1 oder Typ 2 Diabetes in Ergänzung zu einer intensivierten Insulintherapie auf dem Markt. Bislang war es allerdings nicht möglich, Insulin und Pramlintide zusammen in einer Spritze vor den Mahlzeiten zu injizieren, so dass die Verwendung von Pramlintide vor dem Essen aufgrund der erforderlichen Verdopplung der Anzahl an Injektionen keine große Verbreitung gefunden hat.

In der hier beschriebenen Studie* wurden die Sicherheit, die Konzentrationen im Blut sowie die Effekte auf den Blutzucker einer neuen Co-Formulierung von Pramlintide plus einem schnell wirksamen Insulinanalog (A21G Humaninsulin) - ADO09 - untersucht. Verglichen wurde dies sowohl mit separaten Injektionen von Insulin und Pramlintide als auch mit Insulin lispro allein.

Was geschah während der Studie?

An drei verschiedenen Dosierungstagen bekamen insgesamt 24 Studienteilnehmer mit Typ 1 Diabetes (davon 5 Frauen, mittleres Alter 43 Jahre, mittlere Diabetesdauer 17 Jahre) eine Einzeldosis ADO09 beziehungsweise separate Injektionen von Humaninsulin plus Pramlintide beziehungsweise Insulin lispro in das Unterhautfettgewebe verabreicht. Jeder Teilnehmer bekam alle drei Behandlungen, jeweils eine pro Dosierungstag. Die Medikation wurde unmittelbar vor einer immer gleichen Testmahlzeit verabreicht, und der Blutzucker wurde zuvor mit Hilfe einer Insulin- oder Glukoseinfusion auf einen Wert von 126 mg/dl ±10% eingestellt. Die Insulindosis betrug jeweils 7,5 Einheiten, die Pramlintide-Dosis 45 Mikrogramm. Bei ADO09 und Insulin lispro wurde eine zweite Placebo (Scheinmedikament)-Injektion gegeben, um ein sogenanntes „doppeltes Dummy-Design“ zu gewährleisten. So erhielten die Studienteilnehmer an allen drei Studientagen stets zwei Injektionen und weder sie, noch die an der Studie beteiligten Ärzte beziehungsweise das Studienpersonal wussten, welches Medikament wann verabreicht wurde (im Notfall konnte dies jedoch nachgesehen werden).

Außerdem wurden die Effekte von ADO09 im Vergleich zu Pramlintide beziehungsweise zu Insulin lispro auf die Magenentleerungsgeschwindigkeit untersucht, da man von Amylin ja weiß, dass es die Magenentleerung verzögert (siehe oben). Hierfür erhielten die Teilnehmer zusätzlich vor der Testmahlzeit 1 Gramm Paracetamol, das nach circa 30 bis 60 Minuten im Blut nachweisbar ist. Dadurch lässt sich die Magenentleerungsgeschwindigkeit bestimmen.

An jedem Dosierungstag erfolgten häufige Messungen des Blutzuckers und der jeweiligen Insulin- und Pramlintide-Konzentrationen. Die Sicherheitserhebungen umfassten insbesondere unerwünschte Ereignisse / therapiebedingte Nebenwirkungen und Unterzuckerungen.  

Was waren die Ergebnisse der Studie?

Im Vergleich zu Insulin lispro verminderte ADO09 die Blutzuckeranstiege in der ersten Stunde nach der Mahlzeit bedeutsam um 97%, während Insulin lispro drei bis fünf Stunden nach Dosierung ein niedrigeres Blutzuckerprofil aufwies. Der postprandiale (nach der Mahlzeit) Blutzuckerverlauf in den ersten drei Stunden nach der Testmahlzeit sowie über den Gesamtzeitraum war für ADO09 und die separaten Insulin- und Pramlintide-Injektionen ähnlich, in den letzten 5 Stunden der Beobachtungsphase war das Blutzuckerprofil unter ADO09 allerdings besser. Der maximale postprandiale Blutzucker war nach ADO09 relevant verbessert - sowohl im Vergleich mit Insulin lispro als auch im Vergleich mit den separaten Injektionen von Insulin und Pramlintide. Die Magenentleerung mit ADO09 war vergleichbar zu der mit separaten Injektionen von Insulin und Pramlintide und deutlich langsamer als die Magenentleerung unter Insulin lispro.

Alle drei Behandlungen waren sicher und gut verträglich. Es gab acht therapiebedingte Nebenwirkungen, sechs nach ADO09 und zwei nach separater Injektion von Insulin und Pramlintide. Am häufigsten kam es zu Reaktionen an der Injektionsstelle (2x Rötung nach ADO09, 1x Rötung und Brennen unter Insulin plus Pramlintide), die sich alle in einem Zeitraum von 7 Stunden spontan zurückbildeten. Es traten keine schweren therapiebedingten Nebenwirkungen und keine Magen-Darm-Nebenwirkungen auf. Insgesamt gab es 21 Unterzuckerungen während der Studie, vier davon traten während des Mahlzeitentests auf – zwei unter ADO09 und zwei unter Insulin plus Pramlintide – sie wurden als möglich beziehungsweise wahrscheinlich in Zusammenhang mit der Studienmedikation stehend beurteilt.

Welche Bedeutung haben die Ergebnisse?

Diese Studie zeigt - zum ersten Mal - die Sicherheit, eine gute Verträglichkeit und Wirksamkeit von ADO09, einer Co-Formulierung aus Pramlintide und A21G Humaninsulin. Die Blutzuckerverläufe nach einer Testmahlzeit waren mit ADO09 im Vergleich zu Insulin lispro deutlich vermindert - innerhalb der ersten Stunde nach der Testmahlzeit waren die Blutzuckerspiegel mit ADO09 um 97% niedriger. Die Wirkung von ADO09 war vergleichbar mit den separaten Injektionen von Insulin und Pramlintide – mit Ausnahme des Zeitintervalls von 4 bis 8 Stunden nach der Mahlzeit, in dem ADO09 bessere Blutzuckerwerte aufwies. Die Verzögerung der Magenentleerung von ADO09 war vergleichbar mit der von separaten Pramlintide- und Insulininjektionen.

Diese positiven Studienergebnisse rechtfertigen die Durchführung weiterer klinischer Studien mit ADO09 – insbesondere zur Gewinnung von Daten zur täglichen Anwendung von ADO09 auf der Basis individueller Dosierungen sowie zur Langzeitsicherheit und Verträglichkeit.

Diese Ergebnisse wurden bereits in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht (*Andersen G u.a. Diabetes Obes Metab 2020). Wenn Sie weitere Details der Studie interessieren, können Sie sich gern an uns wenden.